Taphophil....

Friedhöfe sind traurige und düstere Orte. Sind sie das? Für mich nicht. Ich gehe gerne auf Friedhöfe, je älter sie sind, desto interessanter finde ich sie. Und oft sind sie gerade in Großstädten wahre Oasen der Stille. Ich stelle mir immer vor, was die Grabsteine alles schon erlebt haben und was sie erzählen könnten über die vergangenen Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte. Deswegen gehe ich nie ohne meine Kamera auf einen Friedhof, denn ich liebe es, diese Welt der Stille auf Bildern festzuhalten. Allen, denen es genauso geht, wünsche ich viel Freude beim Ansehen der Fotos auf meinem Blog. Und wer es noch nicht wusste: Die Faszination für Friedhöfe nennt man Taphophilie, was vom griechischen Wort "taphos" (Grab) kommt...




Mittwoch, 27. Juli 2016

Annette von Droste-Hülshoff: Letzte Worte


Geliebte, wenn mein Geist geschieden, 
So weint mir keine Träne nach; 
Denn, wo ich weile, dort ist Frieden, 
Dort leuchtet mir ein ewger Tag! 

Wo aller Erdengram verschwunden, 
Soll euer Bild mir nicht vergehn, 
Und Linderung für eure Wunden, 
Für euern Schmerz will ich erflehn. 

Weht nächtlich seine Seraphsflügel 
Der Friede übers Weltenreich, 
So denkt nicht mehr an meinen Hügel, 
Denn von den Sternen grüß ich Euch!




Donnerstag, 21. Juli 2016

Der Todesengel (von Annette von Droste-Hülshoff)


Der Todesengel

's gibt eine Sage, daß wenn plötzlich matt'
Unheimlich Schaudern Einen übergleite,
Daß dann ob seiner künft'gen Grabesstatt
Der Todesengel schreite.

Ich hörte sie und malte mir ein Bild
Mit Trauerlocken, mondbeglänzter Stirne,
So schaurig schön, wie's wohl zuweilen quillt
Im schwimmenden Gehirne.

In seiner Hand sah ich den Ebenstab
Mit leisem Strich des Bettes Lage messen,
- So weit das Haupt - so weit der Fuß - hinab!
Verschüttet und vergessen!

Mich graute, doch ich sprach dem Grauen Hohn,
Ich hielt das Bild in Reimes Netz gefangen,
Und frevelnd wagt' ich aus der Totenkron'
Ein Lorbeerblatt zu langen.

O, manche Stunde denk' ich jetzt daran,
Fühl' ich mein Blut so matt und stockend schleichen,
Schaut aus dem Spiegel mich ein Antlitz an -
Ich mag es nicht vergleichen; -

Als ich zuerst dich auf dem Friedhof fand,
Tiefsinnig um die Monumente streifend,
Den schwarzen Ebenstab in deiner Hand
Entlang die Hügel schleifend;

Als du das Auge hobst, so scharf und nah,
Ein leises Schaudern plötzlich mich befangen,
O wohl, wohl ist der Todesengel da
Über mein Grab gegangen!